Zürcher Reformationsjubiläum
2019 waren es 500 Jahre her, seit die Reformation in Zürich begonnen hat. Landeskirche und Kirchgemeinden, aber auch Stadt und Kanton feierten den Anlass gebührend.
So feierte die Kirche 2019
2019 jährte sich der Beginn der Reformation in Zürich zum 500. Mal (Mehr zur Geschichte der Reformation finden Sie hier). Für die Zürcher Landeskirche und ihre Kirchgemeinden war das ein Grund zum Feiern. Das Jubiläum der Reformation war Anlass, sich an die Erneuerung der Kirche vor 500 Jahren zu erinnern und gleichzeitig Anstoss, sich mit der Aufgabe und Rolle der reformierten Kirche der Gegenwart und ihres Reformationspotenzials für die Zukunft auseinanderzusetzen.
Was es zu feiern gab, wozu man das tat und mit wem zusammen die Zürcher Reformierten die Jubiläumsjahre begehen wollte – das klärte ein Konzept und ein kurzer Leitfaden – ein «Wegweiser» (aus dem nachfolgend und in den nächsten Kapiteln zitiert wird). Er diente gleichzeitig als Einladung an Behördenmitglieder, Mitarbeitende und freiwillig Engagierte in der Zürcher Landeskirche sowie an weitere am Reformationsjubiläum Interessierte, sich am Jubiläum vielseitig zu beteiligen. Die Broschüre basierte auf einem ausführlichen Konzept für das Landeskirchliche Reformationsjubiläum und den Vorgaben des Kirchenrates, dargelegt im Bericht an die Kirchensynode zum Reformationsjubiläum von 2014. (Die Dokumente finden Sie untenstehend bei den Downloads.)
Wenn die Zürcher Landeskirche historischen Ereignisse von 1519 gedenkt, liegt ihr Fokus auf der geistigen Erneuerungskraft der Reformation. Der Kirchenrat formuliert es so: «Das Jubiläum soll die Blickrichtung auf die Frage fokussieren, welche Erkenntnisse und Kräfte der Reformation sich für die Gestaltung der Zukunft als tragfähig erweisen. Andere Elemente des reformierten Erbes werden als Erinnerung an endgültig Vergangenes aufbewahrt bleiben, wieder andere werden als Irrweg der Vorfahren aus der kollektiven Identität der Landeskirche ausgeschlossen – so etwa die Verdammung anderer.»
Christinnen und Christen fragen also vor allem nach dem Erneuerungspotenzial des durch die Reformation neu ans Licht getretenen Evangeliums: für das Individuum, für Gemeinde und Kirche sowie für Gesellschaft und Welt. Reformation war und ist auf Veränderung aus und lehrt, kritisch nach vorne und niemals unkritisch nach hinten zu blicken. Zwinglis Reformation reduzierte die kirchliche Lehre und Praxis auf das Wesentliche und Tragfähige, um Gott und den Menschen unter den damaligen Gegebenheiten zu dienen. Die heutige Aufgabe der Landeskirche ist keine geringere.
Die Landeskirche hat sich in den letzten 500 Jahren verändert. Ihr Auftrag bleibt: «Die Evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich besteht aufgrund des Wortes Gottes, das im Evangelium von Jesus Christus Gestalt gefunden hat. Sie führt die von Huldrych Zwingli und Heinrich Bullinger begonnene Reformation weiter.» So hält es die Kirchenordnung in Artikel 2 fest. Die Kirche, die sich heute auf das Wirken von Zwingli und seinen Nachfolgern beruft, ist nicht mehr die Kirche der Reformatoren, aber eine reformierte. Als Körperschaft öffentlichen Rechts haben die Landeskirche und ihre Kirchgemeinden den Auftrag, allen Menschen in Offenheit mit Wort und Tat nahe zu sein. Das galt auch für die Gestaltung des Jubiläums 2019.
Grund zum Feiern eröffnete das Jubiläum aber nicht nur für die reformierte Kirche als Institution. Die Menschen mit ihrem individuellen Glauben haben und hatten Grund zum Feiern. Denn die Reformation rückt die persönliche Gottesbeziehung in den Fokus. Sie hat das Verständnis von Kirche grundlegend verändert: Die Kirche ist nicht Heilsvermittlerin; der Mensch hat die Freiheit, sein Verhältnis mit Gott aus eigenem Antrieb zu klären und zu pflegen.
Das reformatorische Erbe und auch das Jubiläum gehört also nicht der Landeskirche allein. Sie freute sich deshalb, die Feier und das Gedenken zusammen mit allen Menschen, mit Kanton und Stadt Zürich, zusammen mit dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund und anderen Akteuren zu begehen und dabei auch anderen Kirchen, insbesondere der katholischen Schwesterkirche, partnerschaftlich zu begegnen.Aufgrund dieses Selbstverständnisses arbeitete die Landeskirche mit Kanton und Stadt Zürich, mit Zürich Tourismus und dem Zürcher Stadtverband im Verein «500 Jahre Zürcher Reformation» zusammen, um Jubiläumsprojekte zu unterstützen, die einen Wirkungskreis haben, der über den rein kirchlichen hinausgehen.
Folgende Perspektiven waren wichtig: Die historischen Grundlagen der Reformation, ihre Wirkung auf Politik, Wirtschaft und Kultur, Werte und Wesen der Reformierten Kirche sollen in Kirche und Öffentlichkeit breit vermittelt werden. Zerrbilder werden korrigiert. Die Orte und Themen des Erbes sind nachhaltig zugänglich gemacht für Interessierte.
Das Jubiläum bezog sich nicht auf ein einzelnes Ereignis, sondern hatte mehrfache Bezüge zu wichtigen Terminen der Reformations- und Kirchengeschichte. In Zürich liegt der traditionelle Tag der Erinnerung auf dem 1. Januar 1519, dem Amtsantritt Zwinglis. Eingeführt wurde die Reformation per Ratsbeschluss im Jahr 1523.
Mit dem Gedenken an Martin Luther steuerten die Feierlichkeiten zum Reformationsgedenken in Deutschland und weit darüber hinaus bereits 2017 auf einen Höhepunkt zu. Das strahlte auch auf die Schweiz aus. Das bedeutete für das Zürcher Jubiläum, dass kirchliche, kulturelle und touristische Angebote bereits 2017 bestanden. Der Verein «500 Jahre Zürcher Reformation» fokussierte seine Aktivitäten also vor allem auf den Zeitraum von 2017 bis 2019. Die Landeskirche spannte den Bogen weiter bis zum Jahr 2023.
Die Kirchensynode genehmigte am 17. September 2014 einen Projektkredit in Höhe von 2,8 Mio. Franken für die Feier des Reformationsjubiläums in den Jahren 2015 – 2019. In dem vorliegenden Bericht legt der Kirchenrat Rechenschaft über die Verwendung des Kredits ab und darüber, wie das Reformationsjubiläum von Seiten der Landeskirche begangen wurde.
Die Hälfte des Kredits wurde als Beitrag der Landeskirche zum Verein «500 Jahre Zürcher Reformation» verwendet, an dem sich ausser ihr vor allem Stadt und Kanton Zürich mit 2,5 bzw. 8,5 Mio. Franken beteiligten. Der von der Kirchensynode gewährte Projektkredit wurde nicht vollständig ausgeschöpft, was nicht zuletzt auf eine Rückzahlung von Seiten des «Vereins 500 Jahre Zürcher Reformation» zurückzuführen ist.
Der folgende Bericht beschränkt sich im Wesentlichen auf die Aktivitäten und Projekte der Landeskirche. Die vom Verein geförderten Projekte sind im «Jubiläumsbuch» des Vereins dokumentiert, das die Synodalen im Sommer 2019 erhalten konnten und das als eines der schönsten Schweizer Bücher des Jahres ausgezeichnet wurde.
Während der Schwerpunkt der Aktivitäten des Vereins «500 Jahre Reformation» im Jahr 2018 lag, erstreckten sich die landeskirchlichen Aktivitäten über einen Zeitraum von drei Jahren. Den Auftakt bildeten die Eröffnungsveranstaltung beim Grossmünster und der Halt des Europäischen Stationenwegs im Zürcher Hauptbahnhof Anfang Januar 2017. Die Schlusspunkte setzten ein Jugendfestival, ein Festgottesdienst mit fremdsprachigen reformierten Gemeinden sowie die Versteigerung der Zwinglifiguren im November und Dezember 2019.
Im Kontext des Reformationsjubiläums wurden mit Unterstützung der Landeskirche knapp 200 Projekte realisiert. Zahlreiche weitere Aktivitäten fanden unabhängig von der Landeskirche bzw. ohne deren Unterstützung statt, und zwar nicht zuletzt in vielen Zürcher Kirchgemeinden, die sich auf die eine oder andere Weise mit der Reformation und ihren Folgen befassten.
Nicht alles, was im Zuge des Jubiläums geplant und unternommen wurde, gelang. So kam beispielsweise ein Kooperationsprojekt mit Prag und Marburg (Tripolis) ebenso wenig zustande wie das geplante Grossprojekt «500 Geschichten». Auch die Planungen im Hinblick auf einen Europäischen Kirchentag, der 2023 in Zürich hätte stattfinden sollen, wurden schliesslich abgebrochen.
Trotz dieser eher vereinzelten Fehlplanungen ist das Reformationsjubiläum aus Sicht des Kirchenrats insgesamt sehr erfreulich verlaufen. Hierzu beigetragen hat nicht zuletzt der Kinofilm «Zwingli der Reformator», der ebenfalls von der Landeskirche unterstützt wurde und der in der Schweiz über 250'000 Eintritte verzeichnen konnte. Darüber hinaus wurden Zwingli und die Reformation in Kirche und Gesellschaft auf unterschiedliche Weise thematisiert, wie sich anhand der zahlreichen gesammelten Presseartikel zeigen lässt – mit Publikationen, Musicals, Theaterproduktionen, Konzerten, Bildungsveranstaltungen, Gottesdiensten, Podien, Installationen, Ausstellungen u.a.m. und ohne dass dabei die so genannten Schattenseiten der Reformation ausser Acht gelassen worden wären. Zu den Höhepunkten des Reformationsjubiläums gehören neben den Auftakt- und Schlussanlässen sowie den grösseren Projekten des Vereins «500 Jahre Zürcher Reformation» sicherlich der «Schattenwurf Zwingli», der Animationsfilm Film – Animationsfilm: «Immer diese Zwinglis!», das Preisfrage-Projekt «Was fehlt, wenn Gott fehlt?», das Projekt «Zwinglistadt 2019» sowie die ökumenischen Festgottesdienste des Jahres 2019 im Grossmünster.
Viele der Ziele, die der Kirchenrat im September 2014 in seinem Antrag und Bericht an die Kirchensynode formuliert hatte, konnten in beträchtlichem Masse realisiert werden. Der vielleicht wichtigste Erfolg der Jubiläumsjahre besteht darin, dass sich das Bild Zwinglis in der Schweizer Öffentlichkeit nachhaltig verändert haben dürfte, und zwar differenzierter und durchaus auch zu seinem Vorteil und dem der Landeskirche.
Auch wenn die Landeskirche ihre Aktivitäten zum Reformationsjubiläum nunmehr beendet hat, wird die Erinnerung an die Reformationszeit auch in den kommenden Jahren noch eine Rolle spielen, wenn sich beispielsweise die Zürcher Disputationen 2023 oder der Beginn der Täuferbewegung 2025 zum 500. Mal jähren.
Den Schlussbericht im Volltext finden Sie unten in der Download-Liste.
Grundlagen
Wegleitung – Konzept – Beschluss – Schlussbericht
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So feierte die Kirche 2019 – ein Wegweiser zum Jubiläum
PDF
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Konzept «500 Jahre Reformation»
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Synodenbeschluss zum Reformationsjubiläum
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500 Jahre Reformation – Grundsätze des SEK
PDF
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Schlussbericht des Kirchenrates zum Reformationsjubiläum
PDF
So feierten Stadt, Kanton, Tourismus und Landeskirche
Das reformatorische Erbe gehört nicht der Landeskirche allein. Sie freute sich deshalb, die Feier und das Gedenken zusammen mit allen Menschen, mit Kanton und Stadt Zürich, zusammen mit dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund und anderen Akteuren zu begehen und dabei auch anderen Kirchen, insbesondere der katholischen Schwesterkirche, partnerschaftlich zu begegnen.
Aufgrund dieses Selbstverständnisses arbeitete die Landeskirche mit Kanton und Stadt Zürich, mit Zürich Tourismus und dem Zürcher Stadtverband im Verein «500 Jahre Zürcher Reformation» zusammen, um Jubiläumsprojekte zu unterstützen, die einen Wirkungskreis haben, der über den rein kirchlichen hinausgehen.
Das von Barbara Weber und Martin Heller konzipierte Langzeit-Festival fand von Mitte 2017 bis Anfang 2019 in verschiedenen Spielstätten in Stadt und Kanton Zürich statt. Mitwirkende waren sowohl die grossen Institutionen Zürichs (u. a. Schauspielhaus, Opernhaus, Theater Neumarkt, Universität, Landesmuseum) wie auch freischaffende KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen aus ganz Europa. Das facettenreiche Programm zeigte die Aktualität der Reformation und verlegte den Fokus von einem innerkirchlichen Ereignis auf die spürbaren Nachwirkungen im heutigen Zürich.
Theater, Installationen, Stadtführungen, Publikationen, Road-Shows ... die Programmvielfalt war riesig: Ein Überblick dazu gibt untenstehend bei den Downloads die Programmzeitschrift und aus der Rückschau das Jubiläumsbuch, das sämtliche Aktivitäten zum Zürcher Reformationsjubiläum anschaulich in Bild und Text zusammenfasst.
Hier gehts zur stillgelegten Website: