In sieben Minuten vom Glauben erzählen

Von pfingstlich bis orthodox: Sie sind alle Christinnen und Christen und haben trotzdem ihre eigene Geschichte mit Gott. Am Christlichen Forum erzählten sie einander davon – ganz persönlich. Mittendrin: Pfarrerin Bettina Lichtler, unsere Beauftragte für Ökumene. Sie hat den folgenden Bericht für uns verfasst.

Ich sollte nun also meine Glaubensgeschichte erzählen, in maximal sieben Minuten. In einer bunt gemischten Gruppe aus verschiedenen Konfessionen und Generationen sassen wir zusammen, und als Moderatorin der Gruppe sollte ich beginnen. Das gegenseitige Erzählen der persönlichen Glaubensgeschichten ist das Kernelement eines «Christlichen Forums», wie wir es Ende Oktober in Bettingen zum ersten Mal in der Deutschschweiz organisierten.

Gewöhnt bin ich das nicht, als reformierte Pfarrerin, aber es leuchtete mir ein, dass wir mit diesen Geschichten einander sehr persönlich begegnen und einen Boden des Vertrauens schaffen. Dieser Boden würde wichtig und kostbar sein bei diesem neuar­tigen, ökumenisch breiten Zusammentreffen von Christinnen und Christen aus Freikirchen, Pfingstkirchen, orthodoxen Kirchen, Migrationskirchen, aus Kirchen reformierter, katholischer, lutherischer und anglikanischer Tradition und aus verschiedenen ökumenischen Glaubensgemeinschaften. 

Zuhören statt kommentieren 

Alle Teilnehmenden hatten einen Leitfaden zur Vorbereitung erhalten, um in kleinen Gruppen beim Erzählen und beim Zuhören das Entstehen dieses Vertrauens zu fördern. Dazu gehörte die Vorgabe, dass die Geschichten nicht kommentiert oder hinterfragt, sondern als Geschenk des Vertrauens und als Glaubenszeugnis entgegengenommen und auch nicht weitererzählt werden.

Ich hatte mir im Voraus ein paar Gedanken gemacht, welche Erlebnisse und Eindrücke in meiner Kindheit und Jugend, in meinem Leben und Arbeiten ich erzählen würde, und wie ich meinen Glauben aktuell formulieren würde. Die anderen in meiner Gruppe kannte ich noch nicht, aber die spürbare Atmosphäre der Offenheit und des gegenseitigen Respekts machte es mir leicht.

Ich brachte also meine Geschichte in die Runde und hörte danach den anderen zu. Ich staunte über all diese Lebenswege – begleitet von Suchen und Ringen, von Geborgenheit und Brüchen, von Verzweiflung und Beglücktsein in der Gottesbeziehung und in den verschiedenen Kirchen und Glaubensgemeinschaften. 

Vielfalt ist Reichtum 

Später trafen wir uns in der gleichen Gruppe nochmals und teilten miteinander, was das Erzählte in uns ausgelöst hat und was wir daraus weitertragen können. Wir waren alle tief berührt und haben die Vielfalt der Glaubenswege in den unterschied­lichen Kontexten und Konfessionen als Reichtum und Geschenk erlebt.

Wir konnten Scheuklappen und Vorurteile ablegen und werden mit neuem, offenerem Blick für bisher nicht beachtete christliche Gemeinschaften in unsere Lebens- und Arbeitsfelder zurückkehren. Ich selber wollte schon lange Kontakte zu Pfingstgemeinden in Zürich knüpfen, und auf einmal kam ich am Forum mit Leitenden direkt in Kontakt; wir werden uns bald treffen. 

«Habt Salz in euch und haltet Frieden untereinander» (Markus 9,50) lautete das Motto des Forums. Als Christinnen und Christen und als Kirchen können wir einen glaubwürdigen Beitrag als Salz in ­der Gesellschaft leisten, wenn wir selber vorleben, wie man sich trotz unterschiedlicher Überzeugungen füreinander öffnen, Gemeinsames suchen und in Frieden und Respekt miteinander umgehen kann.

Einig waren sich alle Teilnehmenden des Forums, dass das gegenseitige Erzählen der Glaubensgeschichten auch für die Ökumene vor Ort und in der Region eine grosse Bereicherung sein kann. 

Text: Bettina Lichtler

Christliches Forum: «Ziel erreicht!»

Ende Oktober ist das erste Christliche Forum in der Deutschschweiz mit über 100 Vertreterinnen und Vertretern von insgesamt 25 Landes- und Freikirchen über die Bühne gegangen.

Auf der Website der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in der Schweiz (AGCK) sind weitere Inhalte dazu abrufbar.