Die Welt erschaffen in sieben Tagen? Wers glaubt!
Was hat die Bibel mir heute noch zu sagen? Und was davon soll ich glauben? Wie kann ich beten? Wer sich in Sachen Glauben weiterbilden will, findet bei der Fachstelle «Fokus Theologie» Antworten – und neue Fragen.
Zugang zu den Erkenntnissen der Theologie haben jene, die sich der Fachrichtung verschreiben. Und wer sonst? Da kommt wenig bei den Menschen an. Viele sind – wenn überhaupt – noch mit dem Wissen über Gott und den Glauben unterwegs, das sie als Kinder im Unti mitgenommen haben: Die Welt erschaffen in sieben Tagen? Wers glaubt! Wunderheilungen am Laufmeter und Gott, der angeblich seinen Sohn opfert? Wie bringt man das mit einem erwachsenen Verstand in Einklang?
Öffentlich herrscht oft eine veraltete Vorstellung von Theologie vor, sagen auch Andreas Loos und Thorsten Dietz, beides Theologen im Dienst der Landeskirche und mit der Aufgabe betraut, ebendies zu ändern.
Die Fachstelle «Fokus Theologie», die sie leiten, ist dazu da, theologische Erwachsenenbildung jenseits der Universitäten zu fördern: mit Blog-Beiträgen, einer reich bestückten Online-Plattform oder mit Schulungsmaterialien, die den Kirchgemeinden für Erwachsenbildungsangebote zur Verfügung stehen.
Wer sich ausserdem vertieft mit der Bibel und dem Glauben auseinandersetzen will, dem bietet die Fachstelle einen dreijährigen Theologiekurs an – ein Angebot, das schon bald 40 Jahre Laien zu (Fast-)Theologen macht.
Wie beten? Mach es einfach!
Theologisches Wissen zur Bibel und zur Kirchengeschichte werde vor allem dann interessant, wenn es mit gegenwärtigen Erfahrungen und Fragen der Menschen verknüpft sei, sagen die zwei Bibel-Cracks. Ein Ansatzpunkt für theologisches Fragen könnte zum Beispiel das Beten sein. Wie geht das eigentlich? Eine theologische Anleitung dafür brauche es dafür zum Glück nicht, sagt Andreas Loos. Mach es einfach, sei die Devise und je nach Situation anders.
Man dürfe bitten und klagen bei Gott – auch protestieren. Auch danken und loben sei angesagt. «Dann machen wir Gott zum Adressaten, weil wir spüren: Das Leben ist uns von irgendwoher geschenkt.»
Wie aber stellen wir uns diesen Adressaten vor? Hier werden die Theologen ausführlicher. «Lange galt es als gesetzt: Beten geht nur, wenn Gott eine Person ist, die uns hört, sich berühren lässt und Gutes für uns denkt und will.» Diese personal-theistische Gottesvorstellung sei vielen Menschen heute nicht mehr möglich.
Das Göttliche finden sie vielmehr im Gefühl, «von guten Mächten treu und still umgeben» zu sein, in einer positiven Atmosphäre oder durch eine alles verbindende und tragende Geistkraft. Sie beten, meditieren oder schweigen daher in Gott, ohne zu oder mit ihm zu reden. Für manche sei sogar ein atheistisches Beten, ein Beten ohne Gott denkbar.
Gottes Segen ertrotzen
Und was sagen Theologen dazu, wenn Gebete nicht erhört werden: «Willkommen im Club!» Dass Gebete nicht erhört werden, sei eine kollektive Erfahrungsgrundlage, meint Andreas Loos schmunzelnd. Für manche sei das eine schmerzhafte, schwerwiegende Erfahrung, die das Beten verstummen lassen kann. Oder es gehe weiter als Protest, Klage und Anklage Gottes.
«Erfrischend trotzig» seien jene schon etwas bibelfesteren Menschen, die nach dem Motto des mit Gott kämpfenden Jakob weiterbeten. Von ihm ist im Alten Testament die Kampfansage an Gott überliefert: «Ich lasse dich nicht, es sei denn, du segnest mich.»
Andere würden sich von dem Gott verabschieden, den sie sich vorgestellt hatten. «Sie öffnen sich für ein neues, anderes Gottesbild, mit dem sich dann auch das eigene Beten ändern wird: Weniger bitten, mehr schweigen und meditieren. Gott als Wirklichkeit erfahren, die zwar meine Lage nicht übernatürlich ändert, aber meine Haltung und Sicht.»
Was nützt das? Und muss es das?
«Fokus Theologie» setzt an bei den Erfahrungen, die Menschen beim Beten machen, anstatt ihnen zu erklären, was das Gebet nun theologisch ist oder zu sein hat. Auch die negativen Gebetserlebnisse interessieren. In Podcasts wird das Thema dann mit kundigen Menschen besprochen und in Blogbeiträgen oder Grundlagentexten gedeutet. Dann fliessen aus dem Gebetsschatz der Christenheit Erkenntnisse und Interpretationen ein.
Aus all diesen Zutaten entsteht schliesslich auf der «Fokus-Theologie»-Webseite ein Dossier mit dem Titel «Spirituell leben und beten», das sich andere Suchende zu Nutze machen können. Für Menschen ist dieser Fundus an Erfahrung und Wissen, das gemeinsame Suchen nach Antworten auf die ganz grossen Fragen, persönlich wertvoll.
Hat so ein Bildungsangebot darüber hinaus auch einen Nutzen für die Gesellschaft? Thorsten Dietz winkt ab: «Religion ist nicht mehr wie früher unmittelbar nützlich für die Gesellschaft. Sie steht für einen Raum, der nicht nützlich sein muss. Einen Raum, wo Menschen befreit sind vom Druck, sich als nützlich erweisen zu müssen.» Gerade im christlichen Glauben gehe es um die Erfahrung bedingungsloser Annahme und um Hoffnung auf Gerechtigkeit und Versöhnung, in dieser Welt und über dieses Leben hinaus.
Text: Christian Schenk
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