Nordirak: Ein Hilfswerk macht Mut und eröffnet Perspektiven
Die Weltöffentlichkeit schaut kaum mehr auf den Irak, die Lage der Bevölkerung bleibt jedoch prekär. Seit vielen Jahren unterstützen wir das christliche Hilfswerk Capni – es setzt auf Hoffnung und eröffnet Perspektiven.
Der Irak wurde in den vergangenen Jahrzehnten von Kriegen und Terror heimgesucht. Viele Menschen fanden in der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak Zuflucht. Hier leistet das christliche Hilfswerk Capni (Christian Aid Program – Nohadra – Iraq) seit 30 Jahren Nothilfe.
Marc Bundi, der Nordirak ist seit seiner Befreiung 2014 aus den Schlagzeilen geraten. Wie geht es den Menschen?
Viele Irakerinnen und Iraker sind durch die jahrzehntelange Erfahrung von Krieg und Terror traumatisiert. Hunderttausende mussten ihr Zuhause verlassen, viele wurden mehrfach vertrieben. Allein im Nordirak leben bis heute 175 000 intern Vertriebene in Flüchtlingslagern.
Vor allem bei Jugendlichen ist Perspektivlosigkeit weit verbreitet und der Wunsch gross, den Irak zu verlassen. Gemäss dem Leitsatz «To Keep The Hope Alive» zielen die Projekte von Capni darauf ab, jene, die nicht weggehen können oder wollen, in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu bestärken.
Kommt die Hilfe nur Christen zu Gute?
Nein, Capni fördert auch Projekte, die dazu beitragen, dass Menschen mit unterschiedlicher Religionszugehörigkeit friedlich und respektvoll zusammenleben können. Beide Projektkategorien haben für uns einen hohen Stellenwert.
Wie kann man in dieser Krisenregion überhaupt helfen?
Capni betreibt unter anderem eine mobile Klinik und fährt mit Ärzten in entlegene Dörfer. Es richtet Bildungszentren für Frauen und Jugendliche ein, es unterstützt den Bau und Betrieb von Gewächshäusern und unterstützt die Kirchen des Ostens im Erhalt ihrer Kultur und Tradition.
Man operiert dabei in einem schwierigen Umfeld, das von einer ausufernden Bürokratie gezeichnet ist. In den Dorfgemeinschaften sind die Projekte gut abgestützt, da Capni die Anliegen und Bedürfnisse der Menschen direkt einfliessen lässt.
Wie werden die Menschen bestärkt, ihr Leben im Einklang mit ihren religiösen und kulturellen Traditionen zu führen?
Die Projekte sind auch darauf ausgerichtet sind, den sozialen Zusammenhalt zu stärken und ein Klima zu schaffen, in dem unterschiedliche religiöse und kulturelle Traditionen in einem wertschätzenden Rahmen gepflegt werden. Im Irak ist das Bewusstsein für Minderheiten und für den Wert von Vielfalt noch wenig ausgeprägt.
Mit Programmen im Advocacy-Bereich trägt Capni dazu bei, dieses Bewusstsein zu stärken und Angehörige von religiösen und ethnischen Minderheiten zu ermächtigen, für ihre Rechte und Traditionen einzustehen. Da die Wirkung dieser Programme nicht direkt messbar ist, ist es schwieriger, für sie Gelder einzuholen.
Wie werden Gemeinschaften befähigt, sich selbst zu helfen?
Capni nimmt die begünstigten Einzelpersonen und Gemeinschaften in die Pflicht, einen eigenen Beitrag zum Gelingen der Projekte zu leisten. Dieser Beitrag kann finanzieller Art sein; die Begünstigten können sich aber auch mit Material- oder Arbeitsleistung einbringen. Die Projekte zielen darauf ab, den Gemeinschaftssinn zu stärken und das Miteinander zu fördern. Gleichzeitig wird die Identifikation mit den Projekten gestärkt, was wiederum deren Nachhaltigkeit verbessert.
Wie wird gewährleistet, dass die Leute vor Ort gute Arbeit leisten?
Capni versteht sich als lernende Organisation, deshalb informiert es seine Partnerorganisationen regelmässig und offen über den Verlauf der Projekte. Wichtig ist aber auch der Besuch vor Ort. Anlässlich solcher Projektbesuche konnte ich mich persönlich von der hohen Qualität der Arbeit von Capni ebenso überzeugen wie vom respektvollen Umgang der Projektmitarbeitenden untereinander und mit den Begünstigten.
Welche anderen Projekte für bedrängte Christinnen und Christen unterstützt die Landeskirche?
Zum wiederholten Mal unterstützen wir HEKS-Projekte der kirchlichen Zusammenarbeit in Syrien und Libanon. Diese sind darauf angelegt, Kindern und Jugendlichen in einem von Angst und Unsicherheit geprägten Alltag Momente der Normalität zu verschaffen; Momente, die die Resilienz der Teilnehmenden stärken. Diese Projekte werden in Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten der Nationalen Evangelischen Synode in Syrien und Libanon durchgeführt.
Interview: Madeleine Stäubli-Roduner
Zum Bleiben verhelfen
Wir engagieren uns für Menschen in Not – im In- und Ausland. Das Projekt für bedrängte Christen im Nahen Osten unterstützt die Landeskirche seit bald 20 Jahren.