Kirche im Garten: Wo Freude und Gemeinschaft wächst

Kirche gedeiht auch im Garten. Darauf setzen Kirch­gemeinden seit Jahren. Wie das geht und wie man Gott und Gemeinschaft zwischen Gurken und Bohnen erlebt, ist Thema dieser Geschichte und eines Auftritts an der «Giardina».

Gartenmöbel für höchste Ansprüche im Out­door-Bereich, nachhaltige Schnittblumen oder stilvolle Kalkstein-Ästethik: Die thematische Ausrichtung der Aussteller an der diesjährigen Gartenmesse ­Giardina lässt die Fantasie üppig erblühen.

Inmitten der Anbieter von gartenspezifischen Inspirationen unter dem Motto «Blühende Zukunft» findet sich diesen Frühling ein unerwarteter Standbetreiber: ein Team der reformierten und der Katholischen Kirche des Kantons Zürich.

Der Grüne Güggel kräht schon lange

Dieses zeigt, wie kirchliche Gartenprojekte in diversen Kirchgemeinden unterschiedliche Menschen bei der Gartenarbeit vereinen. Ausserdem stellt es die kirchlichen Nachhaltigkeits-Bestre­bungen unter dem Label «Grüner Güggel» vor, und es präsentiert die jahrhundertealte Tradition der Klostergärten in Kappel und Fahr in Bildern und mit ­schmackhaften kulinarischen Erzeugnissen.

Die Präsenz der beiden Kirchen an der Gartenmesse kommt also nicht von ungefähr. Ein Augenschein bei vielfältigen kirchlichen Gartenprojekten zeigt eindrücklich, wie gross deren Potenzial für die beteiligten Menschen und ebenso für die Kirchgemeinden ist.

Gemeinsam säen und ernten in Kloten, Turbenthal und Witikon: Die kirchlichen Gartenprojekte leben von Ideen, Partizipation und gemeinschaftlicher Weiterentwicklung. Und sie bereiten den Mitwirkenden grosse Freude.

Mitmachen, wohlfühlen und dabei sein

Wenn der Familienpfarrer in der grossen Jurte Himmelblick gekonnt Kaffee zubereitet, in den Beeten neben der Boule-Bahn jätet und mit Gästen im Garten plaudert, fühlt er sich im Element. Das Projekt sei immer am Entstehen und in Weiter­entwicklung, sagt er. «Wichtig sind mitmachen, wohlfühlen, dabei sein.»

Seit dem Jahr 2016 hegt und pflegt er den «Freiraum Familie» mit Spielplatz, Jurte und Generationengarten. Seit Herbst 2021 wird der Generationengarten entwickelt und umgesetzt. Mit viel Liebe zum Detail hat der engagierte Pfarrer das Gemeinschaftsprojekt mit einer wachsenden Zahl Freiwilliger konzipiert, gebaut, nach dem Konzept der Permakultur bewirtschaftet und bearbeitet.

Im urbanen Umfeld erleben Jung und Alt einen vollständigen Gartenzyklus und gestalten ihn mit. Die gemeinsame Gartenarbeit fördert die sorgende Gemeinschaft und ermutigt neue Freiwillige zum Mitwirken. Derzeit wirken bereits 26 Familien im Arbeitskreis, die in kreativen und spielerischen ­Prozessen gemeinsam Modelle für die Gartengestaltung entwickelt haben. Sie säen und pflanzen, jäten und ernten, sie bespielen die einst brachliegende Wiese des früheren Friedhofs als grünes Gemeinschaftszentrum.

Dabei wirken sie als Gemeinde im Garten, als verantwortliche Gemeinschaft von Menschen, die miteinander gestalten und anpacken, austauschen und feiern. Ein kleines Paradies? Zumindest prangt auf der einstigen Kirchenbank, die Jugendliche ­bemalt haben, die Aufschrift «Garten Eden». «Es ist ein Garten Eden für jeden», sagt Pfarrer Wieczorek. Dabei bleibt er realistisch: «Es gibt keinen Masterplan, es geht ‹step by step›. Vieles geht aus dem Gefühl heraus, anders würde Partizipation nicht funktionieren.

Das Leben zeigt uns, was geht.» Ein Beispiel? Für die Längsseiten der Boule-Bahn waren Sitzbänke gefragt. Da erreichte die Gruppe die Nachricht, dass sie von einem ihnen bekannten Waldbesitzer einen Baum erhalten würden. Kurz darauf standen zwei Holzbänke neben der Boule-Bahn.

Gemeinschaftserlebnis – trotz Regen und Hagel

Auch im Turbenthaler Gemeinschaftsgarten im Chilepünt stehen eigens gezimmerte Holzbänke ­ um die Grillstelle. Schreinermeister Ueli Brüngger sorgt dafür, die in die Jahre gekommenen Bänke aus Föhrenholz zu ersetzen; die neuen werden aus ­Lärchenholz sein. 

Er hat auch den stattlichen Holzgüggel hergestellt, der auf dem Schaukasten auf der Seite des Gartens steht. Auf der Tafel beim Garteneingang heisst es: «Hier wachsen Garten und Gemeinschaft. Ideen tragen Früchte. Vielfalt blüht auf. Freude gedeiht.»

Dieses Versprechen setzt eine Gruppe von Freiwilligen um, die rund ums Gartenjahr gemeinschaftlich zupacken. Koordinatorin Erna Brüngger hält fest: «Mir bedeutet Gemeinschaft viel. In unserem Garten kommen Menschen aus unterschiedlichen Generationen und Kreisen zusammen. Kinder er­leben mit, wie es wächst und sie freuen sich, nicht alles im Laden kaufen zu müssen, sondern Esswaren wie Zucchetti, Tomaten, Spinat und Kürbis im Garten ernten zu dürfen.»

Zum Gärtnern gehören auch Regen und Hagel, doch dieser Wetterunbill zum Trotz gedeiht vieles. Zudem kommen Passanten mit den Gärtnerinnen ins Gespräch.

Auch Pfarrerin Isabel Stuhlmann freut sich: «Entgegen dem heutigen Trend in manchen Kirchen wächst da etwas heran, entsteht Neues.» Zudem gebe es einen Transfer, ein Bewusstwerden von schöpfungs­theologischen Themen, die in Gottesdiensten wieder aufgenommen würden.

Sorge für die Erde, Sorge für die Menschen

Wieder anders präsentiert sich das kirchliche Gartenprojekt «grünfältig» in Witikon, das zentral an der Hauptstrasse liegt und weitherum bekannt ist. Rund um die Kirche Witikon entstehen natur­nahe Lebensräume, die auf den ersten Blick vielleicht unscheinbar wirken, es jedoch in sich haben. Hier ist Elisa Mosler am Werk, eine Fachfrau für Permakultur.

Die Sozialwissenschaftlerin will alle drei ethischen Grundsätze der Permakultur umsetzen: «Sorge für die Erde. Sorge für die Menschen. Faires Teilen.» Diesen Dreiklang sieht sie als ganzheitliches Konzept für Gemeinschaften zwischen Menschen und der Natur.

Das Miteinander von Natur und Menschen soll entspannt sein, findet sie. Darum lässt sie der Natur ihren Lauf und jätet nur, wenn etwas überhandnimmt. Sie fördert Pflanzen, die sich nicht von selbst ansiedeln und dokumentiert auf dem Youtube­Kanal «grünfältig» seltene Funde wie Wildbienen, Erdkröten und Orchideen. Sie sagt: «Ich ziehe Menschen, ich pflege hier einen Menschengarten.» Dabei sieht sie sich als Katalysator für Menschen und Natur. «Wenn ich Menschen fördere und zum Träumen bringe, werden sie auch zu Katalysa­toren.»

Ihr liegt viel daran aufzuzeigen, dass Menschen und Natur miteinander existieren können. In der «Naturwerkstatt», dem wöchentlichen Treffpunkt und Lieblingsplatz der teilnehmenden Kinder, dürfen sie spielen, was immer ihnen in den Sinn kommt. Etwa bei den Orchideen vorbeizulaufen, durch ein Heckentor zu kriechen oder Wasserspiele zu machen.

Kinder hätten ähnliche Bedürfnisse wie die Natur, sagt Elisa Mosler, und sie freuten sich über die Vielfalt an Erde, Steinen, Blumen, Ästen und Tieren. Auch in Witikon erweitert das gemeinsame Wirken auf der Scholle den eigenen Horizont.

Himmel und Erde verbinden

Die kirchlichen Gartenprojekte haben die Kraft, Himmel und Erde und die Menschen dazwischen miteinander zu verbinden. An der Giardina werden auch einige Projektmitwirkende am Stand anzutreffen sein; dort werden sie Besucherinnen und Besucher, Gartenexpertinnen und -experten auf das Wirken der Kirchen im Grünen aufmerksam machen und miteinander ins Gespräch bringen.

Text: Madeleine Stäubli-Roduner
Bild: Gion Pfander

Blühende Zukunft

Kirchliche Gärten an der «Giardina»

12. – 16. März 2025
9:00 – 18:00

Messe Zürich, Wallisellenstrasse 49, 8050 Zürich

Weiterlesen