Reformation von A bis Z
Was ist den Reformierten beim Abendmahl wichtig? Warum war ein «Wurstessen» so entscheidend für den Durchbruch der Reformation? Dieses A bis Z gibt Aufschluss über die Schlüsselbegriffe der Reformationsgeschichte – kurz und knapp.
Von A wie Abendmahl bis Z wie Zwingli
Die Reformatoren interpretierten das Abendmahl unterschiedlich: Martin Luther lehrte die Gegenwart Christi in, mit und unter Brot und Wein (Konsubstantiation). Zwingli leugnete jede wirkliche Verbindung zwischen Brot und Wein und dem Leib und Blut Jesu Christi. Brot und Wein erinnere nur an das letzte Abendmahl Jesu Christi mit seinen Jüngern, wobei keine metaphysische Verwandlung stattfinde. Eine deutliche Absage an das damals herrschende Verständnis.
Im Neuen Testament wird die Gegenwart Christi bei der Eucharistie nicht erklärt. Die frühen Kirchenlehrer nahmen die Worte Jesu «Das ist mein Leib» und «Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, der für euch vergossen wird» (Lukas 22,19-20) als Erklärung für eine wundersame Umwandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Jesu Christi. Im Mittelalter wurde unter dem Einfluss der aristotelischen Philosophie eine komplexere Eucharistielehre entwickelt. Man ging davon aus, dass sich die Substanz des Brotes durch die Macht Gottes beim Abendmahl vollständig in den Leib Christi wandelt. Diese Interpretation der Gegenwart Jesu bezeichnet man als Transsubstantiation. Sie wurde von dem Theologen Thomas von Aquin im 13.Jahrhundert formuliert und ist immer noch offizielle Lehre der römisch-katholischen Kirche.
Ablass (lateinisch Indulgentia) wird der Brauch in der römisch-katholischen Kirche genannt, irdische Sündenstrafen ganz oder teilweise zu erlassen und durch die Erfüllung bestimmter Leistungen wie z. B. von Gebeten oder guten Werken zu ersetzen. Ablass wird von einem kirchlichen Würdenträger gewährt und gilt als eine besondere Form der Fürbitte, welche die Gesamtkirche in ihrer Liturgie und ihren Gebeten um Versöhnung eines lebenden oder toten Kirchenmitglieds leistet.
In der frühen christlichen Kirche erlegte der Gemeindepriester oder der Bischof allen schweren Sündern eine harte Busse auf. Man war der Ansicht, dass Sünder ihre Vergehen zumindest teilweise noch in dieser Welt sühnen mussten und nicht erst in der kommenden. Verschiedene Bussen wurden ihnen zur Sühne auferlegt: Fasten, Pilgerfahrten und andere zeitlich begrenzte, mehr oder weniger schwere Bussen. Schrittweise wurden geringere Andachtsübungen (wie Gebete) oder das Verteilen von Almosen in Verbindung mit Ablässen als gleichwertiger Ersatz für eine entsprechende schwere Busszeit eingeführt.
Erst im 12. Jahrhundert erörterte man theologisch die Frage des Ablasses. Zunächst lehnten viele die Praxis ab, doch gegen Ende des 12. Jahrhunderts nahm die Zustimmung unter den Theologen allmählich zu. Gleichzeitig wurde die Gewährung eines Ablasses in zunehmendem Masse ein Vorrecht des Papstes. Im Mittelalter kam es bei der Gewährung von Ablässen häufig zu Missbräuchen, zum so genannten Ablasshandel. Geistliche verkauften Ablässe, d. h. gewährten sie gegen entsprechende Bezahlung. Zugleich wurde behauptet, dass die Sünden auch ohne persönliche Reue des Sünders mit dem (gekauften) Ablass vergeben seien.
Dieser Missbrauch des an sich gut gemeinten Erlasses von Schuld war mit ein Anlass für die Kirchenreformen, die im 16. Jh zur Reformation führten. Die Reformatoren schafften den Ablasshandel und den Ablass generell ab.Während das Leben und Werk Ulrich Zwinglis ganze Bibliotheken füllt, ist über seine Ehefrau nur wenig bekannt. Mehrere Jahre lang hielt Zwingli seine Beziehung zur Witwe des vornehmen Junkers Hans Meyer von Knonau geheim, ehe die beiden 1524 den Bund der Ehe schlossen. Zwingli war damals 40 Jahre alt, seine Braut, ebenfalls 40, Mutter dreier Kinder und mit Regula, Zwinglis erster Tochter, erneut schwanger.
Anna Zwingli, geborene Reinhardt, darf als für ihre Zeit durchaus emanzipierte Frau betrachtet werden, auch wenn sie sehr darauf bedacht war nicht aufzufallen. Bereits im zarten Alter von 16 Jahren in die reiche Familie Meyer eingeheiratet, sollen ihr materielle Werte nie viel bedeutet haben. Nach 13 Jahren Ehe verstarb ihr erster Mann, und seine Familie sorgte dafür, dass das Erbvermögen an die drei noch minderjährigen Kinder überging. Als treu sorgende Mutter war Anna Reinhardt im Höfli beim Zürcher Grossmünster lediglich noch geduldet.
Die junge Witwe muss dem neuen Leutpriester Ulrich Zwingli, der Anfang 1519 im Haus nebenan einzog, sogleich aufgefallen sein. Als Lateinlehrer ihres ältesten Sohnes Gerold fand Zwingli bald Gelegenheit, seine Nachbarin näher kennen zu lernen. Seine fortschrittlichen Ansichten in kirchlichen wie gesellschaftspolitischen Fragen werden ihr wohl imponiert haben. Als Zwingli im September 1519 an der Pest erkrankte und wochenlang zwischen Leben und Tod schwebte, war es Anna Reinhardt, die ungeachtet der eigenen Ansteckungsgefahr an seinem Krankenbett sass und ihn mit dem Nötigsten versorgte. Zwingli überlebte, und im Frühling darauf beschlossen die beiden zu heiraten, sobald die Kirchenobrigkeit dies erlaubte und die damals heftig umstrittenen Zölibatsvorschriften lockerte.Schlechte Ernten, Krankheiten und die Teuerung stürzten Anfang des 16. Jahrhunderts weite Bevölkerungsteile der Eidgenossenschaft in die Armut. Viele junge Bauern suchten ihr Glück im Solddienst und kamen oft gar nicht mehr oder krank und verkrüppelt zurück. Ganze Landstücke blieben dadurch unbeackert, was die Nahrungsmittel-Knappheit und Armut weiter verschärfte.
Zwingli übte schon früh Kritik an den Kirchen und Klöstern, die sich – seiner Meinung nach – Bettler und Kranke hielten, nur um selber vor Gott besser dazustehen. Der Hunger und die wachsende Not der Minderbemittelten liessen sich seiner Meinung nach nicht mit «verdienstlichen Werken» bewältigen. Er wollte das Armutsproblem an den Wurzeln packen und griff damit grundlegend auch in die kirchenpolitischen Verhältnisse ein.
Mit Zwinglis Almosenordnung, die im Januar 1525 vom kleinen und grossen Rat gutgeheissen wurde, kam es in Zürich zu wichtigen sozialpolitischen Neuerungen: Fortan waren nicht mehr nur die Kirchen für die Armen- und Krankenfürsorge zuständig. Mit der gleichzeitigen Aufhebung der Klöster floss ein reiches Vermögen in die Staatskassen, was eine grosszügige und umfassende Armenpolitik erlaubte. Die Stadt Zürich wurde zu Sofortmassnahmen gegen das grassierende Hungerleiden verpflichtet. Die vom Rat eingesetzten Armenpfleger sorgten dafür, dass die Unterstützung der Bedürftigen ordnungsgemäss von Statten ging.
Zwinglis Sozialwerk zielte darauf ab, die Almosenempfänger längerfristig wieder zur Arbeit und einem eigenständigen Leben heranzuziehen. Er legte damit den Grundstein zum späteren staatlichen Sozialwesen.Zwingli stand mit verschiedenen Personen in Verbindung, welche für die Reformation in Bern eintraten. Besonders mit dem Volkspriester (Leutpriester) des Berner Münsters, Berchtold Haller, pflegte der Zürcher Reformator eine freundschaftliche Beziehung, seitdem ihn der Kollege aus Bern Ende 1520 in Zürich besucht hatte; der Briefwechsel riss nie ab. Bereits aus seiner Studienzeit in Basel kannte Zwingli den späteren Wegbereiter der Reformation in Bern, Niklaus von Wattenwyl (Sohn des Schultheissen und Propst am Vinzenzstift).
Ein Grund für Zwinglis Briefkontakt zu verschiedenen Bernern war sein Wunsch, dass die Aarestadt in ihren Toren und in ihrem ausgedehnten Territorium die Reformation durchführe. Darauf hoffte er nicht nur, um für das reformierte Zürich politische Rückenstärkung zu erhalten, sondern auch weil er die Vision einer gesamteuropäischen Reformation hatte. Davon zeugen zum Beispiel die verschiedenen Widmungen seiner Schriften. Zwingli richtete sein wichtigstes theologisches Werk an den König von Frankreich. Eine andere bedeutende Schrift (Göttliche und menschliche Gerechtigkeit) widmete er dem erwähnten Niklaus von Wattenwyl, um den mächtigen Stadtstaat Bern als Stütze für die Reformation zu gewinnen.
Die konservativ eingestellten Patrizier in Bern sperrten sich lange Zeit gegen die Reformation, obwohl die Zustimmung für die neue Lehre unter der Bevölkerung kontinuierlich zunahm. Der Durchbruch kam mit den Ratswahlen von Ostern 1527, als im Grossen Rat eine reformwillige Mehrheit an die Macht kam. Um die Religionsfrage zu klären, plante die Obrigkeit eine Disputation zwischen der reformatorischen und der altgläubigen Partei. Die Regierung schrieb sie in grossem Stil aus: Zwingli und die gesamte theologische Prominenz aus den evangelischen Städten der Schweiz und Süddeutschland wurde auf den Januar 1528 eingeladen. Aus diesem Grund kam Zwingli erneut nach Bern, wo er an der Disputation eifrig mitdiskutiert (mehr als 100 Voten) und ihr seinen Stempel aufgedrückt hat. Auch was Thesen und Organisation der Disputation betraf, war vieles vom Zürcher Reformator inspiriert.
Die grosse Berner Disputation von 1528 verhalf der Reformation in Bern definitiv zum Sieg und war damit ein wichtiger Schritt für den späteren Durchbruch des Evangeliums in Westeuropa.
Seit 1528 verband Lehre und Praxis die Berner Kirche mit den Kirchen in Zürich und den anderen evangelischen Städten der Eidgenossenschaft. Eine bekenntnishafte Einigung erfolgte 1549 mit dem Consensus Tigurinus und 1566 mit dem 2. Helvetischen Bekenntnis.In der Reformation gewann der biblische Text wieder massiv an Bedeutung. Es kam wieder darauf an, was in der Bibel steht. So wurde die Reformation auch die hohe Zeit der Bibelübersetzungen, die bisher vor allem in lateinisch und griechisch vorlagen. Zwei Ziele wurden bei der Zürcher Bibelübersetzung verfolgt: Zum einen sollte der Text für das Volk verständlich werden (Mundart bzw. Hochdeutsch) und zum anderen sollten alle biblischen Texte den interessierten Menschen zugänglich werden, was nur dank dem entstehenden Buchdruck möglich war.
Die Zürcher Bibelübersetzung, heute auch Zwingli-Bibel genannt, wuchs aus der «Prophezey» heraus. Diese wichtige Aufgabe begann mit einer an jedem Werktag stattfindenden Bibelauslegung mit deutscher Übertragung für die Gemeinde. Daran waren alle Geistlichen aus Zürich beteiligt. Zur Übersetzung wurde soweit vorliegend die Lutherbibel benutzt, was es Zwingli ermöglichte, mit dem Gesamtwerk fünf Jahre vor Luther fertig zu werden. Beim Buchdrucker Froschauer erschienen von 1525 –1529 zuerst das Neue Testament, dann die einzelnen Teile des Alten Testaments, bis 1531 erstmals die ganze Übersetzung in einem Band erschien. Diese berühmte Froschauerbibel war ein Meisterwerk des Buchdrucks mit über 200 Illustrationen.In der Folge wurde die Bibel in Zürich immer wieder neu übersetzt, letztmals umfassend im Jahr 2007. Die Zürcher Bibel gilt wegen ihrer klaren Sprache und ihrer Nähe zum Grundtext als Klassiker. Die Übersetzung von 2007 ist wissenschaftlich zuverlässig und sprachlich sorgfältig.
Heinrich Bullinger (1504 –1575) war Mitarbeiter und Nachfolger von Huldrych Zwingli in Zürich und ein wichtiger Multiplikator für die Ideen der Reformation in der Schweiz und in Europa. Von Bullinger ist ein umfangreicher Briefwechsel mit rund 10'000 Briefen an und 2'000 Briefen (www.bullinger-digital.ch). Mehr lesen zur Biografie im historischen Lexikon der Schweiz.
Calvin hat bestritten, Zwingli in jungen Jahren näher gekannt zu haben. Er gelangte nur langsam zur Wertschätzung des «treuen Dieners Christi», wie er ihn nannte. Er hat Luther, Zwingli und Oekolampad gelesen, als er aber auf eine Warnung Luthers stiess, gab er die Lektüre der beiden Schweizer auf.
Der 25 Jahre jüngere Calvin hat dann allerdings verschiedene Gedanken Zwinglis übernommen, so zu Themen wie: Verwerfung der Bilder, weil Gott unsichtbar ist; Teile der Abendmahlslehre (das Opfer Christi ist ein für alle Mal geschehen); die klare Zurückweisung von Heuchelei und Aberglaube; Nachordnung des Glaubens gegenüber der Gnade; Betonung, dass Rechtfertigung nicht allein steht, sondern ein christusähnliches Leben (Heiligung) nach sich ziehen soll.Die reformierten Kirchen in Zürich (Heinrich Bullinger) und Genf (Jean Calvin und Guillaume Farel) formulierten mit dem Consensus Tigurinus von 1549 ein gemeinsames Bekenntnis, dem sich später noch die anderen evangelischen Kirchen der Eidgenossenschaft angeschlossen haben. Im Consensus Tigurinus kam es auch in der kontroversen Abendmahlsfrage zu einer Übereinkunft.
Zwingli forderte die Priesterehe (resp. die Abschaffung des Zölibats) 1522 und vollzog sie selber 1524 mit Anna Reinhart. Der Grund für Forderung und Vollzug lag weniger darin, dass Zwingli auch den Priestern – und damit sich selber – ein Grundrecht auf Lust attestiert hätte, weil sie etwas irgendwie «Gutes» sei. Zu dieser Sicht bekannte sich eher Zwinglis Nachfolger Heinrich Bullinger, der 1527 schrieb: «Eeliche werck sind one sünd.» Für Zwingli lag der Grund, für die Priesterehe zu plädieren, eher in der resignativen Einsicht, dass der Zölibat zwangsläufig in die Unreinheit führe. In diesem Punkt dachte Zwingli wie Luther: Sexuelle Begierde ist nicht gut, aber unvermeidlich, Teil der natürlichen Ausstattung.
Fasten ist zwar nicht unbiblisch und für den Theologen Zwingli sicher auch aus eigener Erfahrung nichts Unbekanntes. Aber «Kein Christ ist zu den Werken, die Gott nicht geboten hat, verpflichtet. Er darf also zu jeder Zeit jegliche Speise essen.» (67 Schlussreden, 1523). Er darf, aber er muss nicht. Zwingli gewichtet hier die evangelische Freiheit des Christenmenschen höher als die kirchlichen Verbote und Traditionen
Buchdrucker Christoph Froschauer verfügte über vier Druckpressen, eine Schriftgiesserei, eine Holzschneidewerkstatt, eine Buchbinderei und eine Papierfabrik. Zu seinen Lebzeiten erschienen über 700 Titel: Bibelausgaben, darunter die Zürcher Bibelübersetzung, theologische, geschichtliche, medizinische und naturwissenschaftl. Schriften.
Das Wurstessen in Froschauers Buchdruckerei während der Fastenzeit 1522 führte zum offenen Konflikt zwischen Zwingli und der traditionellen Kirche und brachte so die Zürcher Reformation in Gang.
Zwingli betont: Christus ist der einzige Vermittler zwischen Gott und den Menschen, es braucht keine Heiligen als Fürsprecher und Nothelfer. Deshalb kritisiert er die zu seiner Zeit ausgeprägte Heiligen- und Bilderverehrung; sie verstellt aus seiner Sicht den Blick dafür, dass nur einer allein «unser zuoflucht und trost ist». Als weiteren Grund führt er an, dass das Vermögen, das für den Prunk der Kirchen ausgegeben werde, sinnvoller für soziale Hilfe verwendet würde.
Wo Zwingli keine Missbräuche dieser Arten sah, verbot er bildliche Darstellungen nicht. Er hat, im Gegensatz zu einigen seiner Schüler in späterer Zeit, kein unabänderliches Dogma gemacht aus weiss getünchten Kirchen. Die vielberufene «reformierte Bilderfeindlichkeit» beruft sich z.T. fälschlicherweise auf ihn.Luther und Zwingli
Der deutscher Reformator Martin Luther und der Zürcher Huldrych Zwingli begegneten sich nur ein einziges Mal in ihrem Leben. Bevor es zu diesem Treffen kam, kämpften die beiden grossen Reformatoren in vielen Schriften gegeneinander, seitdem unter ihnen im Jahr 1525 der offene Streit über das Abendmahl ausgebrochen war. Der Wittenberger lehrte, dass Christus «in, mit und unter» Brot und Wein gegenwärtig sei (Konsubstantiation), während der Zürcher Reformator im Brot und Wein blosse Zeichen sah, die daran erinnerten, dass Christus seinen Leib und sein Blut hingegeben hatte. Während der Abendmahlsfeier sei Christus im Glauben, nicht in den Elementen präsent. Das Abendmahl gab auch deshalb zu grossen Diskussionen Anlass, weil die Eucharistie im Mittelpunkt der spätmittelalterlichen Frömmigkeit stand.
Da der Streit über das richtige Abendmahlsverständnis auf beiden Seiten zu immer heftigeren Anschuldigungen führte, wuchs [auch aus politischen Gründen] das Bedürfnis, den Zwist durch ein gemeinsames Gespräch zu überwinden. Der Landgraf Philipp von Hessen organisierte im Jahr 1529 ein Treffen in Marburg, zu dem er neben Luther und Zwingli auch Melanchthon aus Wittenberg, Oekolampad aus Basel und einige süddeutsche Reformatoren einlud. Auf dem Schloss des Landgrafen fanden zunächst Einzelgespräche zwischen Zwingli und Melanchton, Luther und Oekolampad statt, wobei es zu Annäherungen ausser in der Abendmahlsfrage kam.Die Abendmahlslehre blieb auch in der Zukunft der wichtigste Punkt, der die beiden grossen protestantischen Kirchen trennte. Andere Unterschiede in der Lehre wirkten nie kirchentrennend, obwohl die Verschiedenartigkeit zwischen der Theologie Luthers und Zwinglis an vielen Punkten erkennbar ist. Im Gegensatz zur Abendmahlslehre war man gegenüber Abweichungen in anderen Fragen bereit, Toleranz zu zeigen.
Felix Manz wurde als erster Täuferführer in Zürich zum Tode verurteilt und 1527 in der Limmat ertränkt. Manz kam ungefähr 1500 als unehelicher Sohn eines Geistlichen am Grossmünster zur Welt. Zusammen mit Zwingli studierte er in Zürich Hebräisch und gehörte dem Führungskreis der Reformation an.
Manz trat bereits beim Bruch der Fastengebote und bei den Bilderstürmern als feuriger junger Verfechter der neuen Lehre hervor. Ebenso verlangte er die Einführung der Erwachsenentaufe. An der Tauffrage entzündete sich ein Konflikt zwischen Zwingli und den Taufgesinnten, der schliesslich zur Abspaltung führte. Bald setzte die Verfolgung ein. Trotz wiederholten Verhaftungen und Strafandrohungen predigte und taufte Manz weiter. Im Kanton St.Gallen wurde er 1526 erneut festgenommen und ausgewiesen.
Nach seiner letzten Verhaftung am 3. Dezember 1526 verurteilte ihn der Zürcher Rat zum Tode. Am 5. Januar 1527 wurde das Urteil vom Bürgermeister öffentlich auf dem Fischmarkt verkündet. Felix Manz sang dabei und lobte Gott, dass er für die Wahrheit sterbe. Gleich danach wurde er vom Henker gefesselt und in der Fischerhütte ins eiskalte Wasser gestossen und ertränkt. Der standhafte Tod machte Felix Manz zum Märtyrer der Täuferbewegung.Zwingli vertrat eine historische Sicht auf das Papsttum, wenn er über die ersten Jahrhunderte der Kirchengeschichte sagte: «Zu jener Zeit gab es noch keinen höchsten Bischof, was immer man heute über den Stuhl Petri [=Papstamt] schwatzen mag.» Der Reformator lehnte das Papsttum als eine spätere Einrichtung der Kirche mit den folgenden Worten ab: «Sie [die Papstanhänger] machen viel Aufhebens davon, aber sie können den Stuhl Petri nirgends in der Lehre des Evangeliums begründen und fest verankern. Kurz: Für mich deutet nichts darauf, dass Gott sie autorisiert hätte.»
Die Reform des Gottesdienstes und der Predigt dauerte über mehrere Jahre, zu brisant und zu wichtig waren die Veränderungen. Immerhin machte Zwingli schon bei seinem Amtsantritt als Leutpriester des Grossmünsters klar, dass seine Predigten anders würden. Statt Heiligengeschichten und Legenden wollte er die ganze Bibel von A-Z durchpredigen. Schon am nächsten Tag begann er mit dem griechischen Neuen Testament, mit dem ersten Kapitel des Matthäusevangeliums. Damit legte Zwingli einen Schwerpunkt im Gottesdienst, dessen Wirkung ihm noch nicht bewusst sein konnte.
Im Mittelpunkt des bisherigen Gottesdienstes hatte die Eucharistiefeier gestanden, die dramatische Wiederholung des Opfertodes Christi, bei der Brot und Wein sich in den Leib und das Blut Christi verwandelten. Die Liturgie war lateinisch, was das Volk nicht verstand, aber auch viele der schlecht ausgebildeten Priester nicht. Eine Predigt im Sinne einer Bibelauslegung, die die einfachen Menschen auch noch in ihrer Sprache verstehen konnten, war völlig unüblich.
Nach Zwinglis Überzeugung muss die heilige Schrift Führerin und Lehrerin sein. Dieses Schriftprinzip hat zweierlei Folgen: Die Übersetzung der Bibel und die Verbreitung des Bibeltextes werden wichtig, denn die Kenntnis der heiligen Schrift ist kein Vorrecht des Priesters mehr. Die Predigt, in der den Menschen gesagt wird, was in der Bibel steht, erhält ein enormes Gewicht, ja, sie wird zum Zentrum des Gottesdienstes (quantitativ und qualitativ ist sie das wohl noch heute im ref. Gottesdienst). Für diese Predigt, das Novum der Reformation, braucht der Prediger Bildung (Sprachen, Rhetorik), Zeit zur Vorbereitung und Verständnis für die Fragen und Sorgen, die seine Hörer und Hörerinnen drücken.Nach Zwingli autorisieren nicht mehr das Lehramt der Kirche und die Tradition die Bibelauslegung. Aber wer dann? Nach Zwingli bedarf das Wort Gottes nicht menschlicher Stützen, es setzt sich mit eigener Kraft durch. Allerdings hat auch Zwingli nicht auf sein rednerisches Können verzichten wollen, wenn er seine Ansichten von der Kanzel oder im Ratssaal zu vertreten hatte.
Auf der einen Seite ist für Zwingli die Taufe als Akt, als Sakrament nur ein Zeichen und deshalb im Extremfall verzichtbar. Auf der anderen Seite bezeichnet die Taufe aber ein Geschehen, eine Realität die absolut entscheidend ist: das Wegwaschen der Sünde, das Einpflanzen des Glaubens ins Herz des Gläubigen.
Die Taufe ist nachhinkendes Zeichen für etwas, was längst passiert ist: Das Herz hat dem Glaubensbekenntnis nämlich schon klar zugestimmt, der Glaube (und damit die Rechtfertigung) sind installiert, der Taufe bleibt da eigentlich nichts mehr zu tun, sondern nur noch symbolisch für alle sichtbar zu wiederholen, was auf der realen (inneren, der Herzens-) Ebene bereits geschehen ist.
Daraus gelangt Zwingli anfänglich zu einer gewissen Offenheit gegenüber Erwachsenen- und Kindertaufe. Für erstere kämpften die Täufer vehement und bis zur Abspaltung von der Zürcher Reformation.
Zürich ist die Wiege der über Jahrhunderte verfolgten und heute weltweit verstreuten Täufergemeinden. Wie die 1523 vom Grossen Rat gutgeheissene evangelische Kirche waren auch die Täufer Kinder der Reformation.
Die Begründer des Täufertums gehörten ursprünglich zu den treuen Gefolgsleuten Zwinglis. Sie beteiligten sich mit anderen angesehenen Bürgern am gemeinsamen Bibelstudium und an den Übersetzungsarbeiten. Die Heilige Schrift war für sie die alleinige Richtschnur ihres Glaubens.
Konrad Grebel, Sohn des konservativen Ratsherrn, und der als uneheliches Kind eines Geistlichen geborene Felix Manz vertraten dabei den linken und zunehmend radikaleren Flügel von Zwinglis Reformbewegung. Sie bemerkten, dass die Säuglingstaufe nirgends im Neuen Testament erwähnt wird. Wohl aber fanden sie zahlreiche Hinweise auf die Erwachsenentaufe, die von den Urchristen als Akt eines bewussten Glaubensbekenntnisses vollzogen wurde. Die meist jüngeren bibeltreuen Männer verlangten daraufhin die Einführung der Erwachsenentaufe.
Obwohl auch Zwingli in seinen früheren Schriften von der «Taufe an Mündigen» sprach, plädierte er später für die Beibehaltung der Kindertaufe: Diese sei nun einmal so Brauch und aus der Bibel lasse sich weder ein Gebot noch ein Verbot der Kindertaufe ableiten, erklärte er. Zwingli ging es dabei vor allem um die Erhaltung der Volkskirche. Er wollte keine Abspaltung und versuchte seine Reformen mit möglichst breiter staatlicher Unterstützung einzuführen. Deshalb achtete er stets darauf, nicht mit sämtlichen alten Traditionen zu brechen.
Die Taufgesinnten empfanden dies jedoch als Verrat an der Heiligen Schrift. Sie warfen dem Reformator vor, er sei auf halbem Weg stehen geblieben. Nach einer gescheiterten Aussprache versammelten sie sich am 21. Januar 1525 beim ehemaligen katholischen Priester Johannes Brötli in Zollikon, tauften sich gegenseitig und gründeten die erste Täufergemeinde – und damit auch die erste reformierte Freikirche.Durch die Freikirchengründung widersetzten sich die Täufer nicht nur der Autorität des Staates in Glaubensdingen, sondern auch der Steuerzahlung. Wegen der damaligen Bauernunruhen, die sich vor allem gegen die hohen Zinsen und Abgaben richteten, sah die Zürcher Obrigkeit im Täufertum eine ernsthafte politische Gefahr. Noch im Januar 1525 wurde ein Versammlungsverbot erlassen. Doch die Täufer, die man abschätzig als «Wiedertäufer» bezeichnete, breiteten sich trotz Verboten und ersten Verhaftungen weiter aus. Zu den beiden Führern Felix Manz und Konrad Grebel gesellte sich der Bündner Priester Jörg Cajakob.
Bald setzte die Verfolgung ein. Johannes Brötli (der die ersten Erwachsenentaufen in Zollikon begleitet hatte) wurde aus dem Stadt- und Landgebiet von Zürich verbannt und 27 seiner Gefolgsleute festgenommen. Zwingli versuchte den Gefangenen in «brüderlicher Ermahnung» das Versprechen abzuringen, keine Taufen mehr durchzuführen. Er muss wohl erkannt haben, dass sich die Täufer jeglicher Gewalt enthielten und sich im Grunde nur nach einer Kirche sehnten, die frei von staatlicher Bevormundung war. Doch im unnachgiebigen Widerstand seiner einstigen Kollegen sah er bald auch eine Bedrohung für sein eigenes Werk.
Die Täuferbewegung wuchs schnell. Oft gewährten ihnen die Bauern Unterschlupf. Mit Frauen und Kindern zogen sie schliesslich durch die Stadt und bezeichneten Zwingli als den Drachen aus der Offenbarung Johannes'. Um sich der Festnahme zu entziehen, verschanzten sich die Anführer in der Täuferhöhle in einem schwer zugänglichen Waldabschnitt bei Bäretswil und hielten dort ihre Gottesdienste ab.Auf dem Denkmal und in vielen Publikationen heisst er Ulrich, andere nennen ihn Huldreich, und er selber pflegte mit Huldrych oder Huldrychus zu unterschreiben. Doch wie hiess Zwingli mit Vornamen nun wirklich?
Wer glaubt, Huldrych sei die ursprüngliche Form des Vornamens Ulrich, liegt falsch. Zwinglis Taufname war Ulrich (in Anlehnung an den heiligen Ulrich von Augsburg von ca. 930 n. Chr.), sein lebenslanger Rufname soll Ueli oder Uoli gelautet haben. Bereits als Student entwickelte der junge Zwingli jedoch einen ausgeprägten Hang zur Inszenierung seines Vornamens und schrieb sich fortan lateinisiert Udalricus. Später wollte Zwingli offenbar als huldrycher (huldreicher) Mann in die Geschichte eingehen und begann seine Briefe und Übersetzungen mit Huldrychus zu unterschreiben. Der Zürcher Rat machte bei Zwinglis Namensspielereien allerdings nicht mit. In den Ratsprotokollen blieb er der «Meister Uolrich».Am ersten Sonntag der vorösterlichen Fastenzeit (9. März 1522) wurde im Hause des Druckers Christoph Froschauer Wurst gegessen. Damit wurde das geltende Fastengebot bewusst und in provozierender Weise gebrochen. Zwingli war anwesend, soll aber am Wurstessen nicht teilgenommen haben. Froschauer und seine Mitarbeiter seien so beansprucht gewesen, um ein Buch für Erasmus von Rotterdam bis Ostern noch ganz dringend nach Frankfurt zu liefern, dass sie vom Mus allein nicht satt geworden seien. Dies hat wohl als faule Ausrede zu gelten, vielmehr ging es darum, auf dem Hintergrund von Zwinglis Predigten die evangelische Freiheit zu demonstrieren und sich im reformatorischen Sinne über alles nicht Biblische hinwegzusetzen.
Der Rat von Zürich (nicht die Kirche) ordnete sofort eine Untersuchung über das Fastenbrechen an, als das Wurstessen publik wurde. Zwei Wochen später nahm Zwingli in seiner Predigt zum Fasten Stellung, deren Text dann bereits am Gründonnerstag im Druck erschien: «Vom Erkiesen und Fryheit der Spysen». So wurde der Fastenbruch ein öffentliches Thema: Befürworter und Gegner der Fastengebote beschimpften sich nicht nur, sondern verprügelten sich auch, und Zwingli sollte gar entführt werden.
Der Grosse Rat verurteilte zunächst den Fastenbruch. Geradezu revolutionär bzw. reformatorisch hochbrisant war aber seine Entscheidung als weltliche Behörde, in der Fastenfrage nur noch gelten zu lassen, was die Bibel dazu erlaubt bzw. verbietet.
Ein Jahr später wurden alle Fasten-Gesetze aufgehoben. Der Rat hatte damit in eigener Entscheidung Zwinglis Schriftprinzip übernommen, akzeptierte die Bibel (in Zwinglis Auslegung) also als alleinige Grundlage für sein kirchenpolitisches Handeln, womit die ganze Tradition der bisherigen Kirche beiseite geschoben wurde.Steckbrief
geboren am 1. 1. 1484 in Wildhaus / Toggenburg SG. Geschwister: 5 Brüder und 3 Schwestern
1490 - 1498: Schulen in Weesen, [Zürich -TN], Basel und Bern
1498 - 1506: Studium der freien Künste in Wien und Basel (Baccalaureus, dann Magister)
1506 - 1518: Pfarrer in Glarus (daneben Feldprediger in Oberitalien) [ab 1516 Leutpriester in Einsiedeln -TN]
seit 1519: Volkspriester (Leutpriester) am Grossmünster in Zürich
1522: Fastenbruch, den Zwingli verteidigte
1523: 1. Disputation (Proklamation des Schriftprinzips) und 2. Disputation (Durchbruch der Reformation)
1529: Treffen mit Luther (Abendmahlsstreit)
1531: Tod auf dem Schlachtfeld bei Kappel
Hobbys: Musik (komponierte Lieder und spielte mehrere Instrumente), humanistische Literatur und alte Sprachen (Griechisch und Hebräisch)
Zwingli im Originalton: «Ein Christ syn ist nit schwätzen von Cristo, sundern wandlen, wie er gewamdlet hat.»Biografie
Huldrych Zwingli wurde am 1. Januar 1484 in Wildhaus im Toggenburg/SG geboren. Sein Vater Ulrich war Gemeindeammann und reicher Bauer: Seine Eltern konnten ihm eine gute Bildung finanzieren, und bei seinem Vater holte er sich sein politisches Bewusstsein als Eidgenosse. Latein lernte der Knabe bei seinem Onkel, dem Dekan in Weesen am Walensee.
Schon mit 10 Jahren verliess er sein Elternhaus, um in Basel und Bern die Lateinschule zu besuchen. Als 14-Jähriger wollte er ins Dominikanerkloster eintreten, wo man ihn – einen begabten Musiker und Sänger – offenbar gut hätte gebrauchen könnten. Auf Druck der Eltern ging er stattdessen nach Wien an die Universität und schloss in Basel seine Studien mit einem Magister artium (Lizenziat) ab.
Vor dem eigentlichen Studium der Theologie erhielt er die Priesterweihe und trat in Glarus seine erste Pfarrstelle an. In den nächsten 10 Jahren sammelte Zwingli soviel theologisches, philosophisches und sprachliches Wissen wie möglich. Damit war er gerüstet für die kommenden politischen und theologischen Auseinandersetzungen. Als Feldprediger begleitete Zwingli von Glarus aus zweimal Schweizer Söldner in Italien (Schlacht von Marignano 1515). Diese Erfahrungen als Militärseelsorger machten ihn zum heftigen Gegner des Söldnertums.
Leutpriester am Grossmünster
Die Chorherren vom Grossmünster wählten 1518 (Einsatz ab 1.1.1519) den ehrgeizigen und gebildeten Zwingli zum neuen Leutpriester. Zwingli brach mit der Tradition der vorgeschriebenen Sonntagslesungen und begann, das ganze Matthäusevangelium auszulegen. Eine überstandene Pesterkrankung im ersten Amtsjahr, die 7000 Menschen das Leben kostet (ein Viertel Zürichs), führte ihn zur Überzeugung, dass allein Gottes Gnade den Menschen erlösten kann.
Gottes Gnade wird in und durch Jesus Christus sichtbar und erlebbar, wie es die Bibel belegt. Folgerichtig bekommt der biblische Text für Zwingli grösste Bedeutung, ja die Heilige Schrift selbst soll in allen kirchlichen und reiligösen Fragen entscheidend sein.
Mit der Messlatte der Bibel in der Hand, begann Zwingli gegen alles in seinen Augen Nichtbiblische zu predigen: Verehrung von Bildern, Reliquien und Heiligen. Wichtig auch: sein Engagement gegen den Zölibat und die Eucharistie.
Zum Bruch mit der katholischen Tradition kam es, als mit einem öffentlichen Wurstessen in Gegenwart Zwinglis das Fastengebot übertreten wurde. 1522 veröffentlichte er eine Schrift, die sich gegen das Fastengebot der Kirche richtete (Von erkiesen und freyhait der spysen) und zu einem Disput mit dem Konstanzer Bischof führte.
Zwinglis Äusserungen erregten den Zorn Papst Hadrians VI., der ihm Kanzelverbot erteilte und den Rat der Stadt aufforderte, den Priester als Ketzer zu ächten. Auf Einladung des Zürcher Rates kam es zur Ersten Disputation, bei der über die von Zwingli theologisch begründeten Reformen debattiert wurde. In 67 Artikeln hatte Zwingli zu seiner Verteidigung seine reformatorischen Erkenntnisse zusammengefasst.
Entgegen der Weisung Hadrians machte sich der Rat der Stadt die Haltung Zwinglis zu eigen und beschloss, Zwinglis Thesen für schriftgemäss zu erklären. Der Rat übernahm damit die Funktion der Kirche und setzte die reformatorischen Neuerungen Zwinglis durch, d.h. er schaffte die Traditionen der Kirche ab, die nicht biblisch begründet waren, u.a. Heiligenbilder, Klöster, Beichte, Firmung, Prozessionen und Krankensalbung.
Reformator in Zürich
1522 setzt Zwingli im eigenen Leben die Reformation in die Tat um und schliesst heimlich mit Anna Reinhart die Ehe, öffentlich im April 1524. Wie viele andere Priester «legalisierte» er damit eine schon länger bestehende Beziehung. Das Grossmünsterstift wurde in eine theologische Schule verwandelt, die sogenannte Prophezey.
Nach einer 2. Disputation beschliesst der Rat von Zürich die Abschaffung der Bilder in den Kirchen und der Messe. «Das usswendige Bööggenwerk (der Kirchenschmuck) ist nüt dann ein bschiss», meinte Zwingli. Bei einzelnen Exzessen von übereifrigen Reformanhängern wurden dabei auch bedeutende Kunstwerke unwiderruflich zerstört.
Bis heute trennt vor allem die Abschaffung der katholischen Messe von 1525 die reformierte und die katholische Kirche. Statt der Messe wurden reine Wortgottesdienste eingeführt und nur noch viermal im Jahr Abendmahl gefeiert; neu mit Brot und Wein für alle Teilnehmenden.
Obwohl der Rat nichts überstürzen wollte, wurden innert zwei Jahren die Reformideen verwirklicht und das kirchliche Leben in Zürich komplett umgestaltet. Auffällig ist, wie sehr das Schicksal der Kirche von den politischen Ratsherren bestimmt wurde. Die Reformation zürcherischer Prägung verdankt ihren Erfolg dem Rückhalt im Rathaus. Zur Umsetzung der Reformation gehörte auch die Aufhebung der Klöster sowie die Einrichtung einer neuen Fürsorgeordnung (Mushafe genannt) und des sogenannten Ehegerichtes.
Tod auf dem Schlachtfeld
Die Durchführung der Reformation war zugleich der Beginn neuer Auseinandersetzungen: In Zürich selbst mit der radikalen protestantischen Bewegung der Täufer und mit der katholischen und politischen Opposition, international mit dem deutschen Reformator Martin Luther und national mit der dem alten Glauben die Treue haltenden Innerschweiz.
Auf dem sogenannten Marburger Religionsgespräch kam es bei aller Annäherung zwischen Zwingli und Luther beim reformierten Abendmahlsverständnis zum Bruch der beiden Reformatoren und damit zur Trennung zwischen einer reformierten und einer lutherischen Kirche.
Eine 1. Disputation in Baden 1526 bringt den Katholiken einen Sieg. Die Gegensätze verschärften sich zunehmend: In der Eidgenossenschaft kam es zu einer konfessionellen Spaltung, bei der die Kantone Basel, Bern, Schaffhausen, St. Gallen, Graubünden und Appenzell auf Zwinglis Reformkurs einschwenkten - gegen den Widerstand der innerschweizer Kantone.
1529 mündeten die (kirchlichen) Feindseligkeiten zwischen den katholischen und protestantischen Kantonen in einen offenen Bürgerkrieg, in den sogenannten Ersten Kappeler Krieg. Der Erste Landfrieden nach der «Kappeler Milchsuppe» taugte als Friedensschluss wenig. Zwingli hielt daran fest, die evangelische Predigt überall durchzusetzen. Dafür nahm er auch einen Krieg gegen die Innerschweiz in Kauf.
Als die reformierten Kantone mit einer Proviantsperre die Innerschweizer unter Druck setzten, marschierten diese wieder gegen Zürich. Auch Zwingli gehörte zu dem zahlenmässig unterlegenen Militärtrupp, der im 2. Kappeler Krieg beim Kloster Kappel vernichtend geschlagen wurde. Zwingli starb auf dem Feld. Sein Leichnam wurde gevierteilt und verbrannt.
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